VON FRANZ WIESER DARGESTELLT (1965)

Ich möchte gerne eine kleine Erinnerung darüber schreiben, weil es die Jungen fast nicht glauben werden: Es war vor 45 Jahren, also im Jahre 1920 im August. Es war nach Weltkrieg 1914 – 1918. Die Lebensmittel waren noch sehr knapp. Im Jahr 1920 gab es schon Bergsteiger und wo sie gerne waren, hätten sie am liebsten auf fast jedem Berg ein Hütterl drauf gebaut. Und so kam zwischen der Gemeinde Rohrmoos-Unterthal und einer kleinen Sektion vom Alpenverein Schladming es zur Planung der Hochwurzen Hütte. Hauptsächlich waren es der erste Bauer, Kraml, Winterling, und der Bürgermeister, Steinwenter. Manche Leute waren für den Bau, manche dagegen, wegen dem Wald und den Prei- selbeeren. Und Schladming war noch grad keine Stadt, aber es gab schon Bürger, die weiter gedacht haben, vor allem an den Fremdenverkehr. Der Angerer, der Niederauer, die zwei Reisenauer, die Tritschern und Simonlehner und noch viele andere. Nur der Kofler und der Gföler nicht, die hatten schon ein E-Werk in Arbeit gehabt. Alle anderen haben zum Wohl dazu geredet.

Und dann ist die Arbeit am Hüttenbau Hochwurzen vergeben worden. Damals waren nur der wohl bekannte Matthias Landl und der alte Pekol mit Stecken und Regenschirm bekannt für den Hüttenbau. Es gab noch wenige Autos. Wer sollte noch hinauf zum ersten Bau: Wenger, Bochhäusler (weil er ortskundig ist), und Junge dazu. Ja, die Burschen sind Schrempf Franzl, Fritz Walcher und Edmund Gerhardter und Franz Wieser.

Und grad an so einem Montag müssen wir hinauf, wo es uns nicht gut geht. Denn beim Ilgenfritz war ein Bauerntanz und da durften wir erst in der Früh nach Hause gehen. Heim umziehen und dann bergauf zur Wurzen. Um 7 Uhr früh sollten wir schon oben sein und so sind wir hinauf beim Schlößlwirt, Hofbauer, Steinwenter vorbei mit einem Durst und mit Sack und Pack. Arbeitszeug in einem Korb – Hacken, Sägen – und Proviant, Haferflocken und Geschirr, wie es halt früher der Brauch war bei den Zimmerleuten. Das Haus, in dem wir oben wohnen müssen, haben wir auch am Rücken. Und wie wir so oberhalb der Brunntröge herauskommen, gibt es kein Wasser mehr im Holz und Wald. Und wir haben Durst. Bekanntlich ist Rohrmoos arm an Wasser.

Aber zum Glück hat es in der Nacht geregnet. Der Franzl sagt zum Fritz: „Leg dich her auf den Rücken. Maul auf!“ Und so hab ich ihm zwei Hand voll Moos ausgedrückt. Das war eine Handvoll Wasser. Und so sind wir hinaufgekommen. Bald der eine am Rücken, bald der andere. Und wie wir oben ankamen, war es schon ein bisschen nach 7 Uhr. Wir haben unsere Sachen auf die Seite gelegt und einmal geschaut, wo wir kochen werden. Unter einem Baum haben wir einen Platz gerichtet. Und dann haben wir das Kochgeschirr am Baum aufgehängt und Brennholz gerichtet. Dann haben wir das Zelt aufgebaut, so, dass wir schön auf Schladming hinunterschauen konnten. Und jetzt hätt ich es fast vergessen: der Polier hatte einen Schlafsack mit Schafdecken.

Nachdem wir noch ein paar Pflöcke für das Haus eingeschlagen haben, waren wir im Zelt. So um 11 Uhr in der Nacht zog ein Sturm auf. Nach einem Blitzschlag war das Zelt weg. Völlig durchnässt waren wir und auch keine Spur mehr vom Durst der Vornacht. Um 4 Uhr früh sind wir wieder auf. Der Polier Hiasl hat den Kopf aus seinem Schlafsack ge- steckt und er ist trocken geblieben. Darum wollen wir die Schafe in Ehren halten.

Das Hüttel musste am höchsten Punkt hingebaut werden, wo am meisten Latschen waren. Und so haben wir angefangen, die Latschen auszureißen. Wir haben nicht gedacht, dass die so lange Wurzeln haben (4-5m lang und dick). Sogar als Bauholz haben wir ein paar brauchen können. Das andere Bauholz war viel weiter unten, also brauchten wir einen Weg durch dieses Latschengebiet. Ja, wir haben alles mit den Händen gemacht, wie es der Brauch war. Das Holz um- geschnitten, ausgehackt und hinauf geliefert. Dann kam der Meister Landl, um den Weg zu prüfen. Er meinte, Buben, das Holz werden wir hinauffahren. Also kam der Alpsteger gleich in der Früh mit zwei Holzzargen, einem Ochsen und einem bösen Stier. Der Stier ist böse, das hat man gleich erkannt, als er den Bauern in den Grashaufen gestoßen hat. Das Hütterl ist gezimmert und alle Latten waren oben. Die Lärchen fürs Dach waren weit unten. Beim Holzschneiden für das Dach saß der Polier auf der Schnitzbank. Er hat sich den Arsch so aufgerieben, dass er nur mehr am Bauch liegen wollte.

Ja, meine lieben Mitmenschen und alle, die sich noch erinnern können an diese Zeiten; ich bitte euch für die Kamera- den, die nicht mehr am Leben sind, eine Trauerminute einzuhalten – Meister Landl Matthias, Pekol Vater, Walcher Fritz – Zimmermeister, Wenger Matthias – Polier und Bauer, Alpsteger – Bauer, und noch viele andere. Bürgermeister Steinwenter – Bauer, und zwei sind noch ein bisschen am Leben – Schrempf Franz und Wieder Franz. Und nicht zu vergessen, den Bauer Winterling, Kraml, der heute noch Dienst macht, damit keiner hinaufkommt ohne Zoll. Und auch für die Durstlöschung wird bei ihm gesorgt.

Und dann Lebwohl Hochwurzenhütte und mach dich immer größer.

Das Schreiben ist nur eine Erinnerung. Das Bauwetter war drei Wochen lang ganz schlecht. Die Brücken bei der Enns gingen fort. Denkt an diese Zeiten!

VERANTWORTLICH FÜR DIESES SCHREIBEN
Steingassner und Kraml